Im heutigen Beitrag geht es um Talare. Das sind Obergewänder, die von Professoren, Absolventen und Juristen zu offiziellen Anlässen getragen wurden. In sehr seltenen Fällen werden sie auch noch heute getragen. Das Wort Talar stammt vom lateinischen talaris ab. Übersetzt bedeutet talaris vestis knöchellanges Gewand. Der Talar wurde bereits im Mittelalter aufgrund der kalten und zugigen Universitätshallen als Überkleid getragen.
In den 1920er Jahren bis 1951 fanden an der Aachener Universität Diskussionen statt, in denen das Tragen von Talaren thematisiert und mehrheitlich durch Abstimmung beschlossen wurde (Sig.: 1476). Optisch veränderten sich die Talare im Laufe der Zeit. Die Talare unterschieden sich in ihren Farben und Verarbeitungen, was ermöglichte, verschiedene universitäre Positionen auf den ersten Blick zu erkennen und zu unterscheiden. Der Rektor beispielsweise trug einen purpurfarbenen und goldverbrämten (am Saum verzierten) Mantel, und der Prorektor trug selbigen in dunkelrot. Farblich waren ebenfalls Aufschläge für die jeweiligen Institute festgelegt worden, zum Beispiel hellrot (blutrot) für die Medizin (Sig.: 1476). Viele Professoren besaßen eigene Talare, aber es bestand auch die Möglichkeit, diese von der Universität zu leihen. Es gab auch Professoren, die ihre Talare verkauften, wie ein Brief aus Halle an die RWTH belegt, in dem ein Professor seinen Talar zum Verkauf anbot (Sig.: 947). Zudem besitzt das Hochschularchiv in seinen Beständen viele Rechnungen zu Talaren. Die Kosten für die Festgewänder, welche die Universität oftmals vorstreckte, wurden von den Professoren dann in mehreren Raten zurückgezahlt (Sig.: 1476).
Die Problematik der Talare wurde auch in der studentischen 1968er-Bewegung aufgegriffen. Doch was waren die allgemeinen Ziele dieser studentischen Bewegung? Ende der 1960er Jahre gab es u.a. viele Demonstrationen von Studenten gegen den Vietnam-Krieg und die Notstandsgesetze von 1968. Dazu kam die Auseinandersetzung von Studenten mit älteren Professoren, welche von der Zeit des Nationalsozialismus geprägt waren. Man wollte eine Veränderung an den Universitäten, die RWTH Aachen mit inbegriffen, sowie eine Aufarbeitung des Zeitraumes von 1933 bis 1945 bewirken, um daraus Konsequenzen und somit politische Verhaltensänderungen zu ziehen. Im Zeitgeist dieser Bewegung wurde auch das Tragen der Talare als Anzeichen für die Rückschrittlichkeit der Universitäten gesehen. Kritisiert wurde die zeitgemäße Symbolik der Talare, welche für ein Überleben alter Vorstellungen und Werte stand. Durch ein Transparent aus Hamburg mit dem Aufdruck „Unter den Talaren – Muff von 1000 Jahren“ geriet die Problematik der Talare vermehrt in die Schlagzeilen. Somit wurde das zunehmend schlechte Image der Talare innerhalb der studentischen Bewegung verstärkt.
Juliane Hoheisel hat hierzu einen wissenschaftlichen Aufsatz mit dem Titel „Zwischen Muff und Würde. Verschwinden und Wiederkehr des Talars an deutschen Universitäten nach 1945“ verfasst. Forschungsschwerpunkt ist der Zeitraum von 1945 bis in die 1990er Jahre; es wird ein umfassender Einblick in die Thematik der Talare gegeben. Hoheisel erläutert in ihrem Werk eindrucksvoll die Talarkultur im Wandel der Zeit, weshalb wir, als Team des Hochschularchivs, diesen Aufsatz nur weiterempfehlen können. Hinterfragt wird von Hoheisel, ob die knöchellangen Gewänder nach heutigem Wissensstand noch getragen werden sollten. Dies ist eine sehr interessante Frage. Lesen Sie sich doch auch einmal ein!