Kalenderbild Mai: Schweigemarsch für den Frieden

Das Kalenderbild Mai zeigt einen Schweigemarsch der Aachener Studenten am 19.05.1960. In der ganzen Bundesrepublik wurde an den Universitäten zum Protest gegen den Ausgang der Pariser Gipfelkonferenz (insbesondere die Haltung der Sowjetunion) aufgerufen. Die Studenten protestierten mit zahlreichen Transparenten gegen den Kalten Krieg, Hass und Propaganda und versammelten sich vor dem Auditorium Maximum, um anschließend schweigend über den Karlsgraben bis zum Marktplatz zu marschieren, wo der Diplomvolkswirt Albert Konrad Wetzel zum Abschluss eine Rede hielt.

Schweigemarsch 19.05.60 Sig.: 3.6.1_g

Schweigemarsch 19.05.60
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1958 hatte Chruschtschow, der Staatschef der Sowjetunion, ein Ultimatum gestellt, „dass der Westteil Berlins in eine entmilitarisierte Freistadt umgewandelt werden soll“. Sollten seine Forderungen nicht erfüllt werden, drohte er, die Kontrolle über die Zufahrtswege Berlins der DDR zu überlassen. Die Bundesregierung verweigerte der DDR allerdings diese Anerkennung und lehnte eine Wiedervereinigung ab. Chruschtschows Ultimatum verstrich schließlich nach einem halben Jahr, doch die Spannungen hatten sich nicht gelegt.

Schweigemarsch Sig.: 3.6.1.a

Schweigemarsch
Sig.: 3.6.1.a

Auf diesem Gipfeltreffen der vier Besatzungsmächte – USA, Großbritannien, Frankreich und UdSSR – ruhten sämtliche Hoffnungen der Nationen für eine friedliche Einigung zwischen den Westmächten (angeführt von den USA) und dem Ostblock (unter Führung der UdSSR), die sich schon längere Zeit einen Konkurrenzkampf lieferten. Stattdessen wurde die „Vierer-Konferenz des Gipfels zu einer Führer-Konferenz in den tiefsten Niederungen.“ Sie endete mit der Abreise der Vertreter ohne ein einziges offizielles Gipfeltreffen und einem gewaltigen Disput zwischen dem sowjetischen Staatschef Chruschtschow und dem US-amerikanischen Präsidenten Eisenhower.

Was war geschehen?

Stein des Anstoßes war der Abschuss eines US-amerikanischen Spionageflugzeuges im Sowjet-Territorium. Das, was heutzutage kaum noch ernsthaft den Frieden zwischen zwei Staaten gefährdet, war mitten im Kalten Krieg der Tropfen, der das Fass zum überlaufen brachte. Chruschtschow nutzte die Gelegenheit, um vor der ganzen Welt die Niederträchtigkeit seiner Gipfelkollegen anzuprangern. Die Russen hatten das Spionageflugzeug bereits am 1. Mai abgeschossen und wussten genau, womit sie es zu tun hatten. Dennoch wollte man die Reaktion der Amerikaner testen und verschwieg das Wissen, dass es sich um einen Spionageakt handelte, bis sich Eisenhower in Lügen verstrickte. Es wurde behauptet, dass es sich lediglich um ein Wettererkundungsflugzeug gehandelt habe, doch als Chruschtschow den Schwindel auffliegen ließ, war der Startschuss für den Meinungsstreit gefallen.  Chruschtschow bestand darauf, dass die Einstellung dieser Flüge die Konferenz bestimmen sollte, außerdem erklärte er, dass er eine Entschuldigung des US-amerikanischen Präsidenten erwarte, bevor weitere Themen angesprochen werden sollten. Trotz zahlreicher Bemühungen zur Schlichtung des Streits seitens der anderen Staatsoberhäupter und dem Versprechen des US-amerikanischen Präsidenten, die Aufklärungsflüge einzustellen, stellte sich Chruschtschow stur. Das Resultat war also, dass die Gipfelkonferenz noch vor dem eigentlichen Beginn scheiterte.

Mit Slogans, wie „Wir fordern Selbstbestimmung für unsere Landsleute“, reagierten die Studenten auf die weiterhin ungelöste Berlin-Frage. Die Stadt blieb weiterhin geteilt und besetzt. Mit dem Bau der Berliner Mauer im darauffolgenden Jahr verhärteten sich die Fronten für die nächsten 30 Jahre.

Spiegelartikel vom 25.05.1960: Gipfelkonferenz. In: Der Spiegel 14. Jg./Nr. 22 (1960) S. 15-19.
http://www.chroniknet.de/indx_de.0.html?year=1958
http://www.chroniknet.de/indx_de.0.html?year=1959

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