Die unsichere Lage am Aerodynamischen Institut in der Nachkriegszeit

Unser Kalenderbild des Monats November zeigt eine sorgfältig von Hand gezeichnete technische Skizze aus dem Archiv des Instituts für Aerodynamik der RWTH Aachen. Die Quelle ist bei uns unter der Signatur N14-03 zu finden. Die wissenschaftliche Grafik widmet sich vor allem der Grundlagenforschung in der Mechanik und stellt die Erforschung von Strömungsvorgängen bei hohen Geschwindigkeiten dar. Sie entstand nach dem Zweiten Weltkrieg in den Jahren 1945-1946. Die Skizze gibt einen Einblick in die schwierige universitäre Nachkriegssituation und zeigt, mit welch einfachen Mitteln der damalige Universitätsbetrieb kurz nach dessen Wiederaufnahme organisiert wurde. Sie stammt aus einer unsicheren Zeit, in der nicht klar war, ob und in welchem Umfang das Institut seine Arbeit fortsetzen würde. Denn insbesondere in den Weltkriegsjahren 1941-1944 war das Aerodynamische Institut in Aachen massiven Luftangriffen ausgesetzt und wurde schließlich nach Sonthofen im Allgäu verlegt. Zudem wurde kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs die Forschung auf dem Gebiet der Aerodynamik in Deutschland verboten. Aufgrund der großen Entfernung zwischen Sonthofen und Aachen fand in den Jahren 1945/46 ein intensiver und reger Briefwechsel zwischen den beiden Institutsstandorten statt. Prof. Dr. Friedrich Seewald (1895-1974), der damalige Direktor des Aerodynamischen Instituts in Aachen, stand in diesen beiden Jahren in regelmäßigem Briefkontakt mit seinen Kollegen in Sonthofen. In einem seiner zahlreichen Briefe fügte er auch die vorliegende Skizze aus dem Forschungsbereich Mechanik über Strömungsversuche an verschiedenen Messgeräten bei. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges war es Seewald ein großes Anliegen, die aerodynamische Forschung an den Hochschulen wieder aufzunehmen bzw. weiter auszubauen (https://www.aia.rwth-aachen.de/der-lehrstuhl/historisches/).

Deshalb unterhielt er bis zur vollständigen Rückverlegung des Instituts nach Aachen im Jahre 1947 – trotz Kommunikations- und Sprachbarrieren – eine ständige und kontinuierliche Korrespondenz mit Sonthofen. Da Sonthofen (wie das gesamte Westallgäu) nach dem Zweiten Weltkrieg unter französischer Besatzung und Aachen unter britischer Militärregierung stand, erfolgte der schriftliche Forschungsaustausch neben Deutsch auch in Französisch und Englisch. Diese technische und forschungsrelevante Skizze der damaligen Zeit ist vor allem vor diesem historischen Hintergrund interessant und aufschlussreich, da das Wissenschaftsgebiet der Mechanik damals nur einem sehr kleinen Personenkreis zugänglich war. Dies, obwohl gerade für den (schnellen) Wiederaufbau in der Nachkriegszeit eine allgemeine Zugänglichkeit zu Mechanik und Technik wichtig war. Dabei ist zu berücksichtigen, dass während der Besatzungszeit zwischen 1945 und 1949 die jeweiligen Militärregierungen großen Einfluss auf die Lehrinhalte des Aerodynamischen Instituts der RWTH (wie auch auf alle universitären Einrichtungen) hatten. Darüber hinaus ist diese Skizze ein wichtiges zeitgenössisches Dokument der Nachkriegszeit, das uns deutlich vor Augen führt, wie einfach eine wissenschaftliche Zeichnung ohne technische oder elektronische Hilfsmittel erstellt werden konnte. 

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Ein Blick zurück – mein Praktikum im Hochschularchiv der RWTH

Als angehende Fachangestellte für Medien und Informationsdienste hatte ich vor Beginn meines Praktikums lediglich theoretische Kenntnisse darüber, welche Rolle Archive in unserer Gesellschaft einnehmen und welche Aufgaben ungefähr auf mich zukommen würden. Während meiner Zeit im Archiv konnte ich nicht nur mein theoretisches Wissen vertiefen, sondern auch wertvolle Praxiskenntnisse sammeln.Von der Aufnahme neuer Bestandsunterlagen bis zur ewigen Verwahrung gibt es mehr Schritte als es zunächst den Anschein hat. Alles was aufgenommen wird muss archivgerecht verwahrt und so verzeichnet werden, dass es zwischen Dokumenten aus mehreren Jahrzehnten auffindbar ist. Da durch stetig neue Abgaben der Bestand des Archivs kontinuierlich wächst, ist die Arbeitsauslastung, die für die Aufbereitung des neuen Materials anfällt, konstant hoch.

Wer wie ich eine Vorliebe für Ordnung hat, wird im Archiv nicht enttäuscht, denn dort ist Struktur ein integraler Part des täglichen Ablaufs. Das Praktikum wird hier durch einen Praktikumsleitfaden unterstützt, welcher die wichtigsten Aspekte der Arbeit festhält und eine strukturierte zeitliche Planung erlaubt. Aufgaben wie das Erfassen von Promotionskarten und Matrikelbucheinträgen, oder das Formulieren von Beiträgen für den Social-Media-Kanal des Hochschularchivs kann auch im Homeoffice erledigt werden. Das Hochschularchiv der RWTH legt zudem einen großen Wert auf eine gute Social-Media-Präsenz, um Interessierten einen Blick in unsere Arbeit zu ermöglichen.

Auch der Kontakt mit den Nutzern des Archivs war sehr interessant, da sich so der Sinn der Aufbewahrung erschlossen hat. So wollte ein Nutzer eine 70 Jahre alte Akte einsehen, um sich herzuleiten, wo die Fotos aus dem Nachlass ihrer Eltern entstanden sind.Darüber hinaus wird es im Archiv ermöglicht, eigenverantwortlich und selbstständig zu arbeiten und die Arbeit nach Absprache zu organisieren. Das Team ist sehr herzlich und geduldig, welches das allgemein bereits angenehme Arbeitsumfeld unterstützt. Kurz gesagt: Wer neugierig ist und ein Interesse an Archiven und deren Arbeit hat, empfehle ich wärmstens ein Praktikum beim Hochschularchiv der RWTH zu wagen.Ich für meinen Teil fühle mich bei meiner neuen Berufswahl bestärkt, und bedanke mich herzlichst bei meinen Kollegen für ein tolles Praktikum!

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Kalenderbild Oktober 2023: Ein Computermuseum für die RWTH Aachen

Unser Kalenderbild des Monats Oktober zeigt einen Ausschnitt aus dem nun geschlossenen Computermuseum der RWTH Aachen. Auf dem Foto sieht man das EAI 8800 Scientific Computing System.Das Museum entstand in Zusammenarbeit mit dem Rogowski-Institut für Elektrotechnik der RWTH, welches veraltete Hardware als Ausstellungsstücke stiftete.

Signatur 2.14_j

Das Kernstück dieser Ausstellung war eine Rechenanlage vom Typ Zuse Z22 der RWTH aus dem Jahr 1958.Prof. Dr. Med. Hans Dieter Ohlenbusch (+ 04.01.1988) hat zur Eröffnung des Computermuseums im Jahre 1987 folgende Rede verfasst und vorgetragen:„Für mich als Mediziner war es schon immer ein Phänomen, wie wenig Geschichtsbewusstsein in seinem eigenen Bereich der Ingenieur im allgemeinen entwickelt.Umso dankbarer war ich seinerzeit, dass dieses Thema, wenn auch nur für einen begrenzten Bereich, von Herrn Ameling aufgegriffen wurde, mit der Idee der Gründung des „Computer-Museums Aachen“.Die in und um Aachen in früheren Zeiten vertretenen Handwerksberufe sind bereits in einschlägigen Museen, wie beispielsweise dem Handwerksmuseum in Stolberg, vertreten. Doch wird dort immer nur ein kleiner Bereich der betreffenden Zukunft dargestellt. Außer im deutschen Museum ist noch nirgends der Versuch unternommen worden, die Geschichte der Technik in möglichst geschlossener Form darzustellen. Der Bereich der, wenn ich es als Laie einmal so ausdrücken darf, Computer und deren Entwicklung ist dort aber nur kümmerlich vertreten und ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich das Engagement der z.T. hier versammelten Museumsbauer begrüßen. Vielleicht wird dieses Haus die Keimzelle für ein Technik-Museum, das in unserer alten Kaiserstadt mit seiner RWTH einen würdigen Standort hätte.So darf ich dem Computer-Museum Aachen, das in viel bescheidenerem Umfang im Jahre 1975 eingerichtet wurde, einen guten Start in diesen neuen Räumen und eine wohlwollende Aufnahme beim interessierten Publikum wünschen.“ (Aktensignatur 12146)

Uns als Archiv hat vom Rektorat der Auftrag erreicht, alle Informationen über die Sammlungen der RWTH Aachen zusammenzutragen. Nach umfangreichen Recherchen wurden die Ergebnisse an das Rektorat übermittelt und auch auf der 

Website des Hochschularchivs veröffentlicht. Dabei hat sich unter anderem herausgestellt, dass das Computermuseum auch eine ehemalige Sammlung bis zum Jahre 2009 besessen hatte, bevor es im Rahmen der Neuausrichtung des Campus Melaten geschlossen wurde.

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Das Hochschularchiv bietet zum Tag des offenen Denkmals (Sonntag 10.09.2023 17:00 Uhr) wieder eine Führung an

Wie in den vergangenen Jahren lädt das Hochschularchiv der RWTH Aachen wieder zu einer Führung am Tag des offenen Denkmals ein.

Dauer: etwa anderthalb Stunden.

Nach dem Ende der napoleonischen Herrschaft wurde Aachen preußisch. Das klassizistische Regierungsgebäude des Architekten Johann Cremer am Theaterplatz ist neben Stadttheater und Elisenbrunnen ein Zeugnis der neuen preußischen Machtverhältnisse. In und am Gebäude erinnern Gedenktafeln an die Gefallenen der Separatistentage (Aachener Putsch rheinischer Separatisten vor hundert Jahren) und beider Weltkriege sowie an die Gefangenen der Gestapo im Nationalsozialismus. Das Gebäude ist heute unter anderem Sitz des Hochschularchivs der RWTH Aachen. Wir stellen nicht nur den geschichtsträchtigen Bau, sondern auch die Aufgaben und Tätigkeit unseres Archivs vor, wobei auch ein Magazinraum besucht werden wird. 

Wir freuen uns auf Sie/Euch!

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Kalenderbild August 2023: “Viel Feind, Viel Ehr” 

Unser Kalenderbild aus dem Monat August zeigt einen Artikel aus der „Deutschen Kriegszeitung“ aus dem Jahr 1914. Zu finden ist diese Quelle bei uns unter der Signatur SP11b und wurde uns bereits 2007 aus dem Privatbesitz von Herrn Guido Lachau übergeben. Im Text wird betont, dass das Deutsche Reich die “gelbe Gefahr” unterschätzt habe. Dies bezieht sich vermutlich auf die Tatsache, dass Japan als ehemaliger Verbündeter und Freund Deutschlands nun ein Ultimatum stellte. Der Artikel kritisiert die Unverfrorenheit Japans, ein Land, das von Deutschland unterstützt wurde, als es in den Weltkrieg verwickelt war. Eine interessante These des Artikels ist, dass Japan von Großbritannien “vorgeschickt” wurde.

SP11 b

Hier wird angedeutet, dass das Vereinigte Königreich Japan für seine eigenen geopolitischen Ziele benutzt haben könnte. Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass Deutschland und Großbritannien zu dieser Zeit Rivalen waren und sich in einem Wettlauf um Kolonien und Einfluss in der Welt befanden. Die Behauptung, Japan sei von Großbritannien beeinflusst oder unterstützt worden, könnte daher als Kritik am britischen Einfluss in der internationalen Politik gemeint sein. Die Fotografie des Kronprinzen Rupprecht von Bayern in der Mitte des Artikels könnte als Symbol für die Standhaftigkeit und den Mut des deutschen Volkes auch angesichts solcher Herausforderungen durch vermeintliche Verbündete dienen. Die Verwendung von Bildern prominenter Persönlichkeiten und Adeliger war in dieser Zeit üblich, um den Patriotismus und die Einheit des Landes zu stärken. In den ersten Monaten des Ersten Weltkrieges herrschte in Deutschland Kriegseuphorie. Die Bevölkerung und die Medien waren von nationalistischem Stolz erfüllt und versuchten, die Kriegsanstrengungen zu unterstützen und die Moral aufrechtzuerhalten. Der Artikel in der “Deutschen Kriegszeitung” spiegelt diese Stimmung wider und versucht, die Sorgen und Ängste der Menschen zu beruhigen, indem er das Vertrauen in die eigene Stärke und die Überlegenheit des Deutschen Reiches betont. 

Die Schikanen Japans gegenüber Deutschland sind ein weiterer Aspekt, der verdeutlicht, wie komplex und vielschichtig die geopolitischen Beziehungen zu Beginn des 20. Die Welt befand sich in einem gewaltigen Konflikt, der sich rasch ausbreitete und Nationen auf der ganzen Welt in Mitleidenschaft zog. Der Zeitungsartikel von 1914 bietet einen faszinierenden Einblick in die politische und mediale Landschaft der damaligen Zeit. Er zeigt, wie die “gelbe Gefahr” und die Rolle Großbritanniens die öffentliche Wahrnehmung und das Narrativ beeinflusst haben könnten. Der Artikel ist ein wichtiges historisches Dokument, das uns daran erinnert, wie geopolitische Kräfte und Propaganda die öffentliche Meinung in Kriegszeiten beeinflussen können.

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Kalenderbild Juli 2023: Die Hitlerunterschrift

Die vorliegende Urkunde dokumentiert die Verleihung des Kriegsdienstkreuzes der 2. Klasse an Herrn Dr.-Ing. Friedrich Seewald (1895-1974) im Jahr 1941. Anfang 1925 wurde er wissenschaftlicher Mitarbeiter der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt und bekleidete dort auch die Position des Leiters der aerodynamischen Abteilung. Zum Zeitpunkt der Urkundenverleihung war er Professor für Strömungslehre an der renommierten Technischen Hochschule in Aachen und gleichzeitig Direktor des Instituts für Strömungslehre. Während der Zeit der NS-Diktatur in Deutschland hatte er zeitweise auch die Leitung der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt inne. Es ist erwähnenswert, dass er im Jahr 1945 aus der Mitgliederliste gestrichen wurde.

Das Kriegsverdienstkreuz war eine Auszeichnung, die während des Zweiten Weltkriegs in Deutschland verliehen wurde. Adolf Hitler stiftete es am 18. Oktober 1939. Es gab insgesamt vier Klassen des Kriegsverdienstkreuzes: das Kriegsverdienstkreuz 2. Klasse ohne Schwerter, das Kriegsverdienstkreuz 2. Klasse mit Schwertern, das Kriegsverdienstkreuz 1. Klasse ohne Schwerter und das Kriegsverdienstkreuz 1. Klasse mit Schwertern.

Das Kriegsverdienstkreuz wurde sowohl an Soldaten als auch an Zivilisten verliehen, die sich durch herausragende Leistungen im Krieg oder bei der Unterstützung des Krieges hervorgetan hatten. Es war nicht erforderlich, dass die Empfänger direkt am Kampfgeschehen beteiligt waren. Personen, die in der Rüstungsindustrie, der Wirtschaft, der Verwaltung oder anderen Bereichen tätig waren und einen bedeutenden Beitrag zur Kriegsanstrengung leisteten, konnten ebenfalls ausgezeichnet werden.

Die Verleihung des Kriegsverdienstkreuzes erfolgte durch die zuständigen Institutionen des nationalsozialistischen Regimes wie das Oberkommando der Wehrmacht (OKW) oder das Reichsministerium für Rüstung und Kriegsproduktion. Die Auszeichnung erfolgte entweder aufgrund von Vorschlägen oder aufgrund spezifischer Verdienste der Empfänger.

Es ist wichtig zu beachten, dass das Kriegsverdienstkreuz eine rein militärische Auszeichnung war und nicht mit dem später eingeführten Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland verwechselt werden sollte. Das Bundesverdienstkreuz wurde nach dem Zweiten Weltkrieg eingeführt.

Die Ehrung von Herrn Dr.-Ing. Seewald fand am 1. Mai 1941 in Berlin-Johannisthal statt. Das Dokument wird durch die Unterschrift von Adolf Hitler, wie in der Überschrift erwähnt, gekennzeichnet. Auf der Urkunde ist zudem der Reichsadler als Prägung unten links erkennbar.

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Kalenderbild Juni 2023: Die Notwendigkeit einer Schwimmhalle an der Technischen Hochschule Aachen

Unser Kalenderbild des Monats Juni zeigt einen Auszug aus der „Denkschrift zur Errichtung eines Hallenschwimmbades an der Technischen Hochschule Aachen“. Verfasst wurde diese Denkschrift von Hubert Contzen, der von 1925 bis 1937 Direktor des Instituts für Leibesübungen der RWTH war. Die genaue Entstehungszeit der Denkschrift ist auf 1929 datiert, wie aus einer Skizze wie auch aus einem zeitgenössischen Artikel der Lokalpresse hervorgeht.

Aus einem der Denkschrift beigefügten Briefwechsel geht hervor, dass sich Dr. Piwowarsky, Professor für Eisenhüttenkunde, im Jahre 1933 um die Errichtung einer Schwimmhalle an der RWTH Aachen bemühte. Dazu wandte er sich schriftlich an Contzen. Direktor Contzen reagierte positiv auf die Anfrage und fügte seiner Antwort einen eigenen Beitrag bei – eine Denkschrift, die er einige Jahre zuvor selbst verfasst hatte. 

Die Denkschrift enthält detaillierte Informationen über die Notwendigkeit und Machbarkeit einer eigenen Schwimmhalle. Contzen betont darin die Bedeutung des Schwimmsports und das große Interesse der Studierenden: “Das Fehlen eines Hallenschwimmbades wird äußerst unangenehm empfunden, umso mehr als gerade für das Schwimmen, diesen gesündesten Sport, ein großes Interesse bei der studierenden Jugend besteht.” 

Contzen weist auch auf die wirtschaftlichen Vorteile einer eigenen Schwimmhalle an der Universität hin: “Die einzigen sächlichen Kosten – und Kosten überhaupt würden gegebenenfalls durch die Wasserbeschaffung entstehen.” 

Der Wasserverbrauch und die damit verbundenen Kosten könnten durch den Verkauf von Schwimmkarten gedeckt werden. Ein Zitat aus der Denkschrift verdeutlicht dies: “Zur Aufbringung dieser Summe müssten demnach täglich 60 Schwimmkarten zu 0,20 RM. gelöst werden, eine Zahl, die als durchaus sicher angenommen werden kann.”

Die Denkschrift zeigt also, dass eine eigene Schwimmhalle an der Universität mit einer effektiven Finanzierung realisierbar wäre. Darüber hinaus wird erwähnt, dass die Hochschule bereits über das erforderliche Baugrundstück verfügt und die notwendigen Nebenräume wie Duschen und Umkleiden in der Sporthalle (Talbothalle) genutzt werden könnten. Dies würde die Bau- und Betriebskosten erheblich reduzieren. In der Denkschrift wird auch auf die Möglichkeit einer kostengünstigen Energieversorgung und Warmwasserbereitung durch das universitätseigene Kraftwerk hingewiesen.

Obwohl die Bemühungen um eine eigene Schwimmhalle an der RWTH Aachen vielversprechend waren, konnte das Projekt nicht verwirklicht werden. Die Ereignisse des Zweiten Weltkrieges verhinderten die Realisierung des Bauvorhabens. Heute schwimmen die Studierenden der RWTH Aachen an verschiedenen Standorten. Der Schwimmunterricht und die Sportkurse finden in verschiedenen Hallen wie der Osthalle, der Elisabethhalle und der Ulla-Klinger-Halle statt.

Mehr Informationen zum Thema Hochschulsport, unter anderem auch das Schreiben an Direktor Contzen, finden sie in der Ausstellung des Hochschularchivs zur „Sportgeschichte der RWTH Aachen“.

(Quelle: HArch Aachen, Sig.: 494)

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Die Plattform Transkribus: Entschlüsselung der Vergangenheit mithilfe künstlicher Intelligenz?

Die Fähigkeit, scheinbar unleserliche Texte zu entschlüsseln, ist eine wichtige Kompetenz für Historiker*innen, Archivar*innen und eigentlich alle, die sich mit diesen Quellen auseinandersetzen wollen oder müssen. Dieses Handwerk muss oft über Jahre hinweg erlernt werden. Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung wurde jedoch auch versucht, dieses Problem durch den Einsatz von Datensätzen und algorithmischen Systemen zu lösen.

Handschriftliche Mitteilung auf einer Postkarte (Sig.: 9.3.r).

Unter der Leitung der Universität Innsbruck wurde im Rahmen des Horizon 2020 EU-Projekts “READ” die Plattform Transkribus entwickelt. Auf dieser Plattform wird mittels OCR (“optical character recognition”, dt.: Texterkennung) und Algorithmen für maschinelles Lernen aus einem Quelltext ein digitaler Text generiert. Die Website selbst ist einfach zu bedienen. Das zu transkribierende Objekt kann als Fotografie (JPEG oder PNG) hochgeladen werden und wird dann innerhalb kurzer Zeit von dem Programm transkribiert.

Nach eigenen Angaben wurden bereits über 40 Millionen Textseiten über die Plattform erschlossen. Auf Anregung unseres Archivars und Geschäftsführers, Herrn Dr. Klaus Graf, haben auch wir die Plattform probeweise genutzt und sind zu einem gemischten Ergebnis gekommen.

Testobjekte waren drei Quelltexte aus unserem Bestand, die bereits von uns Mitarbeiter*innen oder durch Herrn Graf erschlossen wurden. Der erste Text, der von einer Postkarte stammt, wurde fast vollständig korrekt erfasst (40 von 47 Wörtern). Bei den aufgetretenen Fehlern handelt es sich zumeist um das falsche Erkennen einzelner Buchstaben. Nur einmal kam es zu einem Verrutschen in der zu lesenden Zeile, was zu drei falschen Worttranskriptionen führte.

Der zweite Text, ebenfalls ein Postkartentext mit inhaltlich vergleichbarem Schwierigkeitsgrad, wurde nur noch zu weniger als der Hälfte richtig erkannt. Einzelne Buchstaben wurden sowohl falsch erkannt als auch teilweise ganz ausgelassen.

Als drittes Testobjekt diente ein Schreiben an den Rektor. Transkribus erkannte dabei ca. 70 % der Worte korrekt. Ausgeklammert sind dabei jedoch die Fehler, die durch Worttrennungen entstanden sind. Außerdem traten Schwierigkeiten bei Wörtern auf, die nicht mit Tinte, sondern mit Bleistift geschrieben und daher heller als der Rest des Textes waren.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Transkribus wie jede Plattform Vor- und Nachteile hat. Mit dem Programm können kostenlos und benutzerfreundlich Texte durch eine KI transkribiert werden, wodurch alte Texte einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden. Dabei ist zu beachten, dass die Ergebnisse nie vollständig korrekt sind; die Fehlerquote ist je nach Text sehr unterschiedlich. Eine Überprüfung und Korrektur der Ergebnisse durch eine paläographisch geschulte Person bleibt daher unerlässlich.

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Kalenderbild Mai 2023: EUROAVIA – Studierende für die Luftfahrt 

Das Kalenderbild des Monats Mai zeigt ein Dokument des Vereins Euroavia aus dem Jahre 1959. Das Schreiben war das Ergebnis der im März desselben Jahres abgehaltenen ersten Versammlung des Vereins Euroavia, bei der dieser auch gegründet wurde.

Schreiben der EUROAVIA (Sig.: 1541)

Das Ziel der Gründer, welche eine Gruppe Studenten der Universität Aachen war, bestand darin, eine europaweite Vereinigung aller Studenten der Luft- und Raumfahrttechnik zu erschaffen. Dadurch sollten zukünftige Probleme im Bereich der Luft- und Raumfahrttechnik bezüglich fehlender Kommunikation und mangelnder Ressourcen vermieden werden.An der verfassungsgebenden Veranstaltung vom 9. bis zum 17. März 1959 nahmen dazu Studenten aus Deutschland, Frankreich und den Niederlanden teil, um gemeinsam den Verein Euroavia zu gründen und Studenten der Luft- und Raumfahrttechnik europaweit zu vernetzen. Ebenfalls sollte auch eine Verbindung zum industriellen Sektor geschaffen werden. 

Den Vorsitz des Vereins übernahm der Aachener Student Jean Roeder. Aus diesem Treffen ging auch das vorliegende Dokument hervor, welches an den Minister für Wirtschaft und Verkehr, Dr. Franz Meyers gerichtet war. Mit diesem wollten die Vereinsmitglieder auch auf politischer Ebene im Bereich der Luft- und Raumfahrttechnik mehr europäische Zusammenarbeit anregen.Der heutige Hauptsitz der Euroavia ist in der niederländischen Stadt Delft angesiedelt. Aktuell sind 37 Hochschulen aus über 18 europäischen Ländern Mitglieder der Euroavia. Dazu werden auch regelmäßige Kongresse, Workshops und auch Austauschprogramme veranstaltet. 

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Kalenderbild April 2023: Ein Rektor und seine Kunst

Der Ursprung dieses Aquarells entspringt dem kreativen Schaffen Otto Grubers. Es stellt eine realistische Landschaft dar, bei dem der Fokus auf ein Gebäude gelenkt wird, das von Bäumen umringt ist und mit diesen leicht verschmilzt. Der See im Vordergrund des Aquarells spiegelt die Natur wider und lässt durch ein Farbspiel das Gesamtkonzept etwas düster erscheinen. Diese Stimmung ist ebenfalls im grau angehauchten Himmel wider zu erkennen. Die in dem Aquarell erkennbare Kälte ist auch im Leben des Malers wiederzufinden.

Landschaftsaquarell (Signatur G43)

Nachdem Otto Gruber zunächst eine Professur für Baukonstruktionslehre an der RWTH innehatte, wurde er im Jahr 1934 zum Rektor der Hochschule ernannt. Schon in seiner Antrittsrede offenbarte Otto Gruber seine Sympathie für das nationalsozialistische Regime und während seiner Amtszeit als Rektor trieb er aktiv die Gleichschaltung der Hochschule mit den Zielen und Vorstellungen des NS-Staates voran. Darüber hinaus trat er auch in mehrere nationalsozialistische Vereinigungen, darunter der NS-Dozentenbund, bei.

Unter ihm wurden ausgewiesene Nationalsozialisten in Leitungspositionen der Lehrstühle eingesetzt, wie beispielsweise Alfred Buntru und Herwart Opitz. Ebenfalls war er mitverantwortlich für die Verfolgung von jüdischen oder politisch andersdenkenden Professoren.

Nach dem Zweiten Weltkrieg änderte er seine Biografie insofern ab, dass er selbst auf die Liste Röntgens gelangte, auf der Professoren eingetragen waren, welche durch Nationalsozialisten verfolgt wurden. Am 25. Januar 1957 verstarb Otto Gruber in Aachen und hinterließ eine Vielzahl an Werken. Diese wurden, kurz vor seinem Tod im Jahre 1953, in der Ausstellung der Fachabteilung Architektur im Reiff-Museum, unter dem Namen „Lebenswerk Grubers“ präsentiert. Darunter waren neben Baufotos, weitere Aquarelle, Zeichnungen sowie Skizzenbücher. Beiträge über die Aquarelle Otto Grubers wurde auf unser Internetseite u. A. in den Monaten Juni 2020 und Juni 2022 veröffentlicht.

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