Ein Praktikum sollte der Studierende nicht als lästige Pflicht ansehen, denn es kann so viel mehr bewirken und deutlich lehrreicher sein als vielleicht das Studium an sich. Im Rahmen der Ausbildung sollen ebenfalls praktische Erfahrungen gesammelt werden, um im zukünftigen Beruf einfacher Fuß zu fassen. Was schließlich in der Praktikumsphase erlernt wird, hängt allerdings alleinig vom Praktikumsgeber ab.
Ich habe mich neben meinem Pflichtpraktikum entschieden, ein weiteres Praktikum zu machen und meine Wahl fiel bewusst auf das Hochschularchiv. Ein Praktikum beim Archiv der RWTH Aachen ist alles andere als langweilig oder veraltet, wie manche dies vielleicht denken könnten. Ein Archiv ist nicht nur eine Sammlung von historisch bedeutenden Schriftstücken, sondern auch eine Anlaufstelle für unterschiedliche Fragen zur Vergangenheit. Neben der Erhaltung und Betreuung von unterschiedlichsten Dokumenten ist die Recherche ein wichtiger Teil der Arbeit im Archiv. Hier reicht es meistens nicht einfach nach einem Begriff zu suchen und die entsprechenden Akten zu holen. Manchmal bedarf es etwas Reflexion und eine längere Suche in den Akten, um an die Informationen zu gelangen, die man vergeblich sucht. Zudem ist auch das Verfassen von Texten, sei es für die Webseite des Hochschularchivs oder die Social-Media-Kanäle, ein fester Bestandteil. Mein Wunschberuf sollte sich im Bereich Journalismus befinden und da ist die Verarbeitung von unterschiedlichen Quellen relativ bedeutend. Mir war klar, dass ich im Hochschularchiv den Umgang mit Quellen und die umfangreiche Recherche erlernen würde. Dass ich jedoch die Möglichkeit bekomme, so viele Texte anzufertigen, war für mich eine große Überraschung.
Das Praktikum ist beim Hochschularchiv gut strukturiert. Es gibt eine Liste an Modulen und Aufgaben, die der Praktikant*in abarbeiten soll. Dies sind Module wie Archivrecht, Recherche oder Paläografie. Außerdem wurde intensiv auch mit Sciebo gearbeitet. Eine Cloud, die das gemeinsame Arbeiten und Teilen von Dokumenten ermöglicht und somit auch das Homeoffice. Ohne diese Plattform wäre das Praktikum wahrscheinlich gar nicht erst möglich gewesen, da Mitte Dezember 2020 erneut ein sogenannter Lockdown beschlossen wurde. Einige Module konnten dann zum Beispiel per Videokonferenz stattfinden, wie unter anderem auch das Modul Paläografie. Was auf den ersten Blick erstaunlich oder gar unmöglich scheint, konnte durch technologische Mittel durchaus gut gemeistert werden. Zu Beginn war ich natürlich auch skeptisch und es war mir ein Rätsel, wie ich so eine ältere Schreibweise überhaupt ansatzweise verstehen könnte. Doch durch eine stets gute Vorbereitung seitens der Archiv-Mitarbeiter*innen und mit ein bisschen Eigenwillen war auch dies möglich.
Zudem habe ich gelernt, welche Sortierungsmöglichkeiten es gibt und wie das Hochschularchiv seine Dokumente aufbewahrt. Des Weiteren habe ich ein Fotoalbum digitalisiert, womit jetzt schneller gearbeitet werden kann. In direkten Kontakt mit einer Akte kommt man auch beim Umbetten. Hier werden Archivalien in neue Mappen umsortiert, Metallgegenstände von den Blättern entfernt und Schäden restauriert. So können zukünftige Rostflecken vermieden und der allgemeine bessere Erhalt garantiert werden, damit auch in 50 Jahren der Inhalt noch lesbar und nachvollziehbar ist. Durch die Beantwortung von Anfragen, die täglich im E-Mail-Postfach des Archivs eintreffen, konnte ich die unterschiedlichen Anliegen wahrnehmen, eine intensive Recherche betreiben und diese beantworten. Durch diese Tätigkeit wurde mir klar, was ein Archiv alles für Aufgaben erfüllt und wie vielfältig diese sein können. Obwohl ich teilweise ins Homeoffice musste, konnte ich erstaunlich viel von zu Hause machen, wie Promotionskarten in einer Excel-Tabelle digitalisieren oder aus einer Matrikelliste transkribieren. Für kreative Ideen gab es sehr viel Freiraum und auch Social Media-Beiträge kann es nie genug geben. Dementsprechend gibt es beim Hochschularchiv immer etwas zu tun und dies bleibt sicherlich auch in Zukunft so. Schließlich kann ich ein Praktikum beim Hochschularchiv nur empfehlen, denn hier erhält man einen einmaligen Einblick in Dokumente und Bilder, die man vermutlich so noch nie gesehen hat und erfährt Dinge, die man sich so nie erträumen hätte können.