Erlebnis Entheften: Praktikumsbericht

20180928_143410Um als Geschichtsstudent einen Einblick in einen Beruf außerhalb der Lehrerlaufbahn kennenzulernen, absolvierte ich am Hochschularchiv der RWTH Aachen ein vierwöchiges Praktikum. Hierauf bin ich durch das Programm „Erlebnis Archiv“ aufmerksam geworden, das vom Landschaftsverband Rheinland ins Leben gerufen wurde. Es ermöglicht Studierenden insbesondere der Geschichtswissenschaft einen unkomplizierten Weg in ein Praktikum in einem Stadt-, Hochschul- oder Wirtschaftsarchiv.

Die Praktikanten des Hochschularchivs werden anhand eines Leitfadens, der praxisorientiert Einblick in alle relevanten Aufgabenkomplexe, die im Archiv anfallen, gibt, durch ihr Praktikum geführt. Neben praktischen Tätigkeiten enthält dieser theoretische Module, die durch den Archivar, Herrn Dr. Klaus Graf und die Mitarbeiterinnen, geleitet werden und die in wichtige Hilfsmittel und rechtliche Grundlagen der Archivarbeit einführen.

Die anfallenden Aufgaben enthalten naturgemäß relativ viel bürokratische Arbeit am Computer, die Arbeit mit EDV-Programmen ist aber nur ein Teil der Arbeit. Als Geschichtsstudent hat mich insbesondere das sogenannte Umbetten begeistert. Es ist zentral für die ordnungsgemäße Erhaltung der Archivbestände. So müssen zum Beispiel Heftklammern der Originalakte entfernt werden, damit die Dokumente nicht durch Rost angegriffen werden, denn die Archivalien sollen bestenfalls für die Ewigkeit im Archiv verbleiben und zugänglich sein. Das Interessante ist hier aber nicht der handwerkliche Teil der Arbeit, sondern der inhaltliche Zugang zu den Dokumenten. So bergen Bewerbungsunterlagen, die kurz nach Wiederaufnahme des Hochschulbetriebs nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden sind, Informationen über stark durch den Krieg und die NS-Zeit geprägte Schicksale, über Mitläufer, Täter und Opfer und über die schweren Jahre des Neubeginns, die immer wieder, in jedem Lebenslauf, den man vom Rest der Bewerbung „entheften“ muss, aus einer anderen Perspektive beleuchtet werden. Man arbeitet in diesem Aufgabenfeld also unmittelbar an der Quelle und kann seine Fähigkeiten im wissenschaftlichen Schreiben durch die Öffentlichkeitsarbeit des Archivs erweitern, indem man eine Quellenkritik für interessante Dokumente verfasst und im Onlineauftritt des Archivs veröffentlicht.

Das ist nur ein kleiner Ausschnitt aus der abwechslungsreichen Arbeit im Archiv. Alle Studierenden, die an einem Praktikum im Hochschularchiv interessiert sind, empfehle ich, weitere Praktikumsberichte zu lesen, um auch andere Aufgabenbereiche der Praktikanten näher kennenzulernen. Ich kann die Absolvierung eines Praktikums im Archiv auch ans Herz legen, weil das Arbeitsumfeld sehr angenehm ist. Die Arbeitszeiten sind relativ flexibel und Anregungen und Wünsche kann man mit den Mitarbeiterinnen auf Augenhöhe besprechen, sodass man sich als Teil eines Teams fühlt, in dem man seine Fähigkeiten sinnvoll einbringen kann.

Bei Herrn Dr. Graf und den Mitarbeiterinnen des Archivs möchte ich mich zuletzt in aller Form dafür bedanken, in das Berufsfeld „Archivar“ in einer so angenehmen Atmosphäre eingeführt worden zu sein.

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