Von Micky-Maus-Filmen zur Kulturrevolution: Die politische Debatte um Fachschaftsversammlungen an der RWTH Aachen 1968/69

Das abgebildete Comic-Werbeplakat für die Fachschaftsvollversammlung an der RWTH 1968/69 ist Thema des diesmonatigen Kalenderbildbeitrags.

Um eine höhere Beteiligung an den Fachschaftsvollversammlungen zu erreichen, wurden in früheren Jahren verschiedene Maßnahmen ergriffen, wie z.B. die Vorführung von Micky-Maus-Filmen. Dies wird im Text als bisher erfolgreiche Methode zur Steigerung der Attraktivität solcher Veranstaltungen beschrieben. Allerdings wird von den Machern des Plakats kritisch angemerkt, dass Fachschaftsversammlungen hochschulpolitische Gremien sind, in denen der Wille der Studierendenschaft zum Ausdruck kommen soll. Es wird befürchtet, dass durch solche Unterhaltungseinlagen das Bewusstsein für diese politische Dimension verloren gehen könnte.

Signatur: 12013a

Links im Bild ist eine klassische Mickey-Mouse-Figur zu sehen, die sagt: “…danach Mickey-Mouse-Filme!”. Diese Darstellung symbolisiert die bisherige Methode, die eher auf Unterhaltung als auf politische Bildung abzielt. Rechts ist eine Mickey-Mouse-Figur abgebildet, die eine rote Fahne mit Hammer und Sichel schwenkt. Sie sagt: “Es lebe die große proletarische Kulturrevolution in den Fachschaften! Diese Figur steht für eine alternative, politischere Werbemethode und Ausrichtung der Studierendenschaft der 68er-Bewegung, die mehr Wert auf politische Bildung und Mobilisierung legt.

Das Plakat kontrastiert zwei unterschiedliche Ansätze der Partizipation in der Hochschulpolitik: Auf der einen Seite die unpolitische, auf Unterhaltung ausgerichtete Methode der Mitgliederwerbung (Micky-Maus-Filme), auf der anderen Seite die politisierte Studierendenschaft, die das politische Bewusstsein und die Situation der Studierenden in der Hochschullandschaft an der RWTH in den Vordergrund stellt.

Das Plakat stammt aus einer Zeit, in der die Rolle der Fachschaften und ihrer Vollversammlungen sowie die aktive Beteiligung der Studierenden an der Hochschulpolitik auch außerhalb der RWTH Aachen diskutiert wurde. Es spiegelt den Konflikt zwischen einer unpolitischen, konsumorientierten Kultur und einer politisierten, aktivistischen Studentenbewegung wider. Die Verwendung von Mickey Mouse, einer ikonischen Figur der Popkultur, in beiden Darstellungen verstärkt diesen Kontrast. Das rechte Bild mit der roten Fahne und den kommunistischen Symbolen verweist auf die revolutionäre, proletarische Bewegung, die in den 1960er und 1970er Jahren populär war.

Dieses Plakat ist ein eindrucksvolles Beispiel für den Diskurs über die Ausrichtung der Fachschaften und der Studierendenvertretungen im Allgemeinen. Es macht deutlich, dass es unterschiedliche Ansichten darüber gibt, wie Studierende mobilisiert und für politische Themen sensibilisiert werden können. Die humorvolle und pointierte Darstellung trägt dazu bei, die Debatte anschaulich darzustellen und zum Nachdenken anzuregen.

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