Kalenderbild Juni 2022: Otto Gruber und seine Aquarelle

Am 16. Mai 1953 eröffnet die Fachabteilung der Architektur im Reifmuseum eine ganz besondere Ausstellung: das „Lebenswerk Otto Grubers“. Zu sehen waren Baufotografien, Skizzen, Zeichnungen und auch Aquarelle. Das Kalenderbild Juni war eines dieser Aquarelle. Es stellt sich nun die Frage: Wer war Otto Gruber und was machte diese Ausstellung so besonders?

Blumenaquarell von Otto Gruber (Signatur: G 12)

„Otto Gruber“ ist eigentlich Professor Dr. Ing. Dr. E.h. Otto Gruber. Der Beginn seines wissenschaftlichen Werdeganges befand sich an der TH München. An dieser begann er im Oktober 1903 sein Studium der Architektur, welches er im März 1907 an der TH Karlsruhe beendete. Gruber blieb dieser Universität lange Zeit verbunden. Hier promovierte er 1914 zum Thema „Überlinger Profanbau des 15. und 16. Jahrhunderts“ und schloss daran 1919 seine Promotion zum Thema „Oberdeutsche Bauernhaustypen – ihre geschichtliche Entwicklung und Stammeszugehörigkeit“ an. Später lehrte Gruber an dieser Universität. Erst als Privatdozent, später als ordentlicher Professor. 1928 führte ihn sein Weg schließlich nach Aachen. Ein Jahr nach Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde er dann Rektor – ernannt durch das Reichserziehungsministerium.

In dieser Funktion trieb er die „Gleichschaltung“ der Hochschule voran und unterstütze damit die Terrorherrschaft des NS-Regimes. Seine positive Einstellung zum NS-Regime fand sich bereits in seiner Antrittsrede wieder. Gruber war dabei angeblich nie selbst Mitglied der NSDAP. Von 1936-1944 soll er nur ein „Anwärter“ auf eine Mitgliedschaft gewesen sein.

Den Einfluss der NSDAP stütze er an seiner Hochschule durch die Ernennung von Parteimitgliedern zu Dekanen. Zu diesen Personen zählt unter anderem Herwart Opitz. Dieser war neben seiner NSDAP-Mitgliedschaft auch SA-Mann. Seit 1933 richtete er seine Forschungsarbeit auf die deutsche Rüstungsindustrie aus. In seiner Funktion als Leiter des Werkzeugmaschienenlaboratoriums (WZL) ab 1936 richtete er auch dieses Institut nach diesem Ziel aus. (Einen Beitrag zu Herwart Opitz von unserer ASTA findet ihr hier: https://www.asta.rwth-aachen.de/projekte/mahnmale-der-rwth/opitz/)

Neben Grubers Tätigkeit an der RWTH im Dienste des nationalsozialistischen Staates brachte er sich auch außerhalb seiner Rektorenstellung für das Regime ein. Er war dabei Mitglied der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt, dem Reichskriegerbund und weiteren NS-Organisationen. 1936 gründete er selbst die „Mittelstelle für Heimatschutz“. Diese Tarnorganisation der nationalsozialistischen Außenpolitik war unter anderem in Belgien und den Niederlanden aktiv.

Im September 1937 wurde Gruber von Alfred Rosenberg, dem Chefideologen der NSDAP, im Auftrag des Führers zu einer „Kulturtagung“ eingeladen. Der Führer lud ihm im selben Monat ein, dem Empfang des faschistischen Ministerpräsidenten Mussolini in München beizuwohnen. 1938 wurde Gruber in seiner Rolle als Rektor durch Alfred Bruntu abgelöst.

Nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Untergang des NS-Regimes stimmte die Militärregierung in Aachen seiner Wiedereinstellung zu. Am 30. Oktober 1947 erfolgte die Ausstellung eines „Entlastungszeugnis“ (Clearance Cerfiticate) durch die Militärregierung. Solche Prozesse der „Entnazifizierung“ waren nicht unüblich: Herwart Opitz, der von Gruber ernannte Dekan und Nationalsozialist, konnte sich nach zwei Anläufen seine Entnazifizierung durch die Militärregierung bestätigen lassen. Opitz wurde später noch Rektor der RWTH (1967-1969).

 Gruber verstarb vier Jahre nach der Ausstellung seines Lebenswerkes im Alter von 74 Jahren. Weitere seiner Aquarelle könnt ihr auf unseren Social Media- Kanälen sehen z. B. hier https://www.instagram.com/p/CcFa0lgIYh-/ oder hier: https://www.instagram.com/p/CX-4m-8Iu4M/.

Quelle:

Datenbank Bundesarchiv zu Otto Gruber: https://www.bundesarchiv.de/nachlassdatenbank/viewresult.php?sid=874c9be628649e857b0d

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