Dass selbst alte Bilder auch heute noch aktuell sind, zeigt das Kalenderbild des Monats Februar durch das lebhafte Duo der beiden Professoren Fritz Reutter und Hubert Cremer. So ist deren Vita und ihr Wirken an der RWTH bis heute spürbar, wie zum Beispiel am Rechen- und Informationszentrum, an dessen Planung und Arbeit sie maßgeblich beteiligt waren.
Doch fangen wir einmal ein wenig früher an: Hubert Cremer war lange Jahre Professor für Mathematik am Lehrstuhl und Institut für Mathematik und Großrechneranlagen, dessen Direktor er auch schließlich am 5.9.1960 wurde. Des Weiteren war er von 1961 bis 1965 auch Leiter des Rechenzentrums und beschäftigte sich somit mit der (elektronischen) Datenverarbeitung. Seine Vorlesungen über elektronische Rechenanlagen und die damit verbundenen Kolloquien und natürlich sein Wirken außerhalb dieser Veranstaltungen sorgte in den Kreisen der Industrie und der Verwaltung für die Erkenntnis, dass die elektronische Datenverarbeitung in Zukunft in enormem Maße an Bedeutung gewinnen würde. Hubert Cremer war jedoch kein trockener Akademiker, sondern lebte auch seine kreative Seite aus, indem er Gedichte wie das folgende Verfasste:
Der Lichtblitzzug
Da mir die Erde nicht genug,
fahr ich mit Einsteins Lichtblitzzug.
Der Einstein ist der Kondukteur,
das gibt doch sicher ein Malheur.
Daß ich mich zeitlich orientir,
trag ich die Lichtuhr stets bei mir;
die Bahndammuhren gehen nicht gleich;
das ist fast wie Österreich.
Und 10 hoch 50 Meter mißt des Zuges Länge, daß Ihr’s wißt;
Er führt die Klassen 1,2,3,;
Ein Postabteil ist auch dabei.
Auch ein Speisewagen führt
Der Lichtzug mit, wie sich’s gebührt;
Doch immer komm ich hin, oh Schreck,
denn er ist 1000 Meilen weg.
In meinem Abteil fährt ganz keß
Ein Kind, behauptend folgendes:
Es führ zum Zwillingsbruder, der
Ein Großpapa und Greis schon wär.
Das All durchsausen, welch Genuß!
Ach das war Bahnhof Sirius.
Wo nimmt der Zug die Energie?
Sein Motor heißet Phantasie!
(Cremer, Hubert (1982): Carmina Mathematica. J.A. Mayer: Aachen. S.57)
Passend zu dieser Materie äußerte Cremer zu dem Architekten des neu entstehenden Rechenzentrums in den 1960er Jahren: “Sie müssen sich vorstellen, daß Sie einen Bahnhof für die erste Eisenbahn zu bauen hätten, von dem in absehbarer Zeit auch Düsenflugzeuge starten müssen” (RWTH Aachen (1967): Alma Mater Aquensis. Berichte aus dem Leben der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen. Essen, S.43)
Ebendiese visionäre Haltung in Bezug auf das neue Feld der Informationstechnologie prägte sein Handeln und sein Engagement an der RWTH und führte zu der Zusammenarbeit mit Fritz Reutter. Reutter, seines Zeichen Inhaber des Lehrstuhls für Geometrie und praktische Mathematik, wurde sein Nachfolger und Leiter des Rechenzentrums und wirkte auf dessen Bau und Förderung hin. Wie Cremer setzte sich auch Reutter für den Ausbau der Rechen- und Informationstechnologie an der RWTH ein und gestaltete als Vorsitzender des vorbereitenden Ausschusses für das Studium der Informatik den neu enstehenden Studiengang der Informatik wesentlich mit. Dieses Engagement beider Herren prägte die RWTH nachhaltig und war vermutlich durch ihren kreativen Geist bedingt, der sie schon früh erkennen ließ, wie zukunftsträchtig „ihre“ Technologie seien würde. Dies führte dazu, dass Reutter zum Ehrensenator der RWTH ernannt (eine bedeutsame Würde der Universität), und Cremer durch die Ehrenplakette der Hochschule in Gold geehrt wurde.