Rektoren der RWTH

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Hans Schwerte (Hans Ernst Schneider) (* 1909)
Rektor 1970-1973 

Hans Ernst Schneider wurde am 15.12.1909 in Königsberg (Ostpreußen) als Sohn eines Versicherungsbeamten geboren. Er studierte in Königsberg, Berlin und Wien deutsche Literaturgeschichte, Kunstgeschichte, Theaterwissenschaft, Philosophie, Volkskunde und Vorgeschichte.

Kurz vor Kriegsende Anfang Mai 1945 nahm er eine "neue Identität" unter dem Namen Hans Schwerte an, ließ Schneider für tot erklären und heiratete seine "Witwe" ein zweites Mal. In Hamburg und Erlangen absolvierte er anschließend ein weiteres Studium, das er 1948 mit einer Promotion abschloss. Es folgte eine Assistententätigkeit in Erlangen und 1958 die Habilitation im Fach Neuere Deutsche Literaturgeschichte zum Thema des "Faustischen". 1964 wurde ihm eine außerplanmäßige Professur und die Leitung der Theaterwissenschaftlichen Abteilung des deutschen Seminars in Erlangen übertragen.

Hans Schwerte
 
Hans Schwerte
 
An die RWTH Aachen wurde Schwerte 1965 als Professor für Neuere Deutsche Literatur berufen. Von 1970 bis 1973 bekleidete er das Rektorat und galt als Vertreter des linksliberalern Flügels der Professorenschaft. Von 1976 bis 1981 war er als Beauftragter für die Pflege und Förderung der Beziehungen zwischen den Hochschulen des Landes NRW und des Königreichs der Niederlande und des Königreichs Belgien tätig - eine Aufgabe, die er über seine Emeritierung (1978) hinaus wahrnahm. Schwerte wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz (1983) und mit dem belgischen Orden "Officier de L ´Ordre de la Couronne".
 
Im April 1995 führten Recherchen des niederländischen Fernsehens und die an der RWTH kursierenden Gerüchte über seine Vergangenheit zur Selbstanzeige Schwertes, der nun seinen richtigen Namen bekannt gab und damit seine Verstrickung in den Nationalsozialismus offen legte.
 
Schneider/Schwerte war seit 1933 in NS-Organisationen aktiv gewesen. Von 1937 bis 1945 Mitglied der SS, arbeitete er seit 1938 für das Amt "Ahnenerbe" des SS-Hauptamtes "Stab beim Reichsführer SS". In den Jahren 1940 bis 1942 war er in den Niederlanden der Dienststelle des Höheren SS- und Polizeisturmführers unterstellt, in den folgenden drei Jahren leitete er die Dienststelle "Germanischer Wissenschaftseinsatz" im Rahmen des Amtes "Ahnenerbe". In den Niederlanden gehörte es zu seinen Aufgaben, Kontakte zu Kollaborateuren zu knüpfen und die Verbreitung der Nationalsozialistischen Ideologie zu organisieren.
 
Nach Bekanntwerden der Vorwürfe nahm die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen Beihilfe zum Mord und wegen Fälschung von Personalien beziehungsweise Falschurkundung auf, die jedoch in beiden Anklagepunkten eingestellt wurden. Das Land NRW nahm die Ernennung zum Professor zurück, entzog ihm den Beamtenstatus, die Pension und den Titel des Ehrensenators, das Bundesverdienstkreuz wurde ihm aberkannt. Die RWTH Aachen sah sich durch den Skandal der öffentlichen Kritik und dem Verdacht der Mitwisserschaft ausgesetzt und zeigte sich in der Folgezeit bemüht, zur Aufklärung und wissenschaftlichen Aufarbeitung des Falles beizutragen.
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