|
|
Eine
Spende an den Prinzen |
|
Am
25. Januar 1858 machte der Preußenprinz Friedrich Wilhelm - der
spätere "99-Tage-Kaiser" Friedrich III. - auf seiner Rückreise
von London nach Potsdam einen Zwischenstop in Herbesthal und Aachen.
Regierungspräsident Friedrich C. H. Kühlwetter überreichte ihm
beim feierlichen Empfang durch die Stadt eine Spende von 5000
Talern, die der mit Prinzessin Victoria frisch Vermählte zu wohltätigen
Zwecken verwenden sollte. Diese Spende - von der "Aachener und
Münchener Feuer-Versicherungs-Gesellschaft" auf Betreiben ihres
Generaldirektors Friedrich Adolph Brüggemann aufgebracht - wurde
zum äußeren Anlass der späteren Aachener Hochschulgründung. |
|
Prinzenpaar
in Aachen 1858 |
David
Hansemann |
Friedrich
Adolph Brüggemann |
|
|
Ein
Polytechnikum - aber wo? |
|
Prinz
Friedrich Wilhelm hatte den Spendenbetrag schon im März 1858 zum
Aufbau eines polytechnischen Instituts in der damaligen preußischen
Rheinprovinz bestimmt, den künftigen Standort aber offen gelassen.
Dass die Wahl laut Erlass König Wilhelms I. vom 14. November 1863
auf Aachen fallen würde, war zunächst nicht absehbar. Der Prinz
hatte anfangs mit Koblenz geliebäugelt, Hochschulpläne schmiedeten
auch Düsseldorf und Bonn. Nach jahrelangen Auseinandersetzungen
fiel die Entscheidung letztlich zwischen Aachen und Köln. Hier
erkannte man die Vorteile einer Technischen Hochschule für den
eigenen Wirtschaftsstandort. Beide Städte hatten zudem seit dem
Streit über die Trassenführung des "Eisernen Rheins" Erfahrung
mit solcherart Projekten. |
|
|
|
Gründungsurkunde |
|
| |
|
Wilhelm
I. von Preußen |
|
|
|
Die
Gewerberegion Aachen |
|
Die
Stadt und der Regierungsbezirk Aachen zählten um die Mitte des
19. Jahrhunderts zu den am stärksten industrialisierten Regionen
Deutschlands. Hinsichtlich des Maschinisierungsgrades stand der
Regierungsbezirk an der Spitze der preußischen Westprovinzen:
Zu den klassischen Wirtschaftszweigen der Tuch-, Nadel- und Kratzenindustrie
waren Maschinenbauanstalten, Kesselfabriken und Hüttenwerke, dann
Zulieferbetriebe des expandierenden Eisenbahnbaus getreten. Allerdings
waren schon in den Tagen der Gründungsdiskussion die Vorzeichen
einer Trendwende nicht zu übersehen: Seit den 1850er Jahren verlor
Aachen seine in vielen industriellen Bereichen zeitweise führende
Position zusehends zugunsten des Ruhrgebiets. |
|
|
|
Tuchfabrik
van Halfern |
Hüttenwerk
Phoenix |
Hüttenwerk
Rothe Erde |
|
|
Argumente
für eine Technische Hochschule |
|
Es
sprach nicht nur vieles für Aachen, man kann sogar von quasi natürlichen
Standortvorteilen für eine naturwissenschaftlich-technische Hochschule
sprechen. Wichtige "Gründerväter" der neuen Industrien aus der
ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stammten aus England und Belgien,
und anfangs folgte der Technologietransfer der klassischen West-Ost-Route.
Heute "eingedeutschte" Namen wie Cockerill, Talbot oder Pauwels
weisen darauf hin. Die rasante Entwicklung seit dem industriellen
"Take off" verlangte nahezu nach Ingenieuren, technischem Know-how
und innovativem "Output" für die Region. Nicht zuletzt konnte
man sich von der erwarteten Fernwirkung einer solchen Bildungsanstalt
in Zeiten des beginnenden wirtschaftlichen Strukturwandels einiges
versprechen. |
|
|
Dampfkesselfabrik
Piedboeuf |
|
|
Befürworter
und Gegner des Hochschulprojekts |
|
Die
Gründungsidee war nicht unumstritten, denn die Stadtväter fürchteten
die finanziellen Belastungen eines Polytechnikums. Im katholisch
geprägten Aachen verfolgte man zudem alle Pläne des protestantischen
preußischen Staats mit Argwohn. Als Hauptinitiator der am Ende
dann doch erfolgreichen Bewerbung muss neben dem Regierungspräsidenten
Kühlwetter der "AM"-Direktor Brüggemann gelten. Im bereits 1858
ins Leben gerufenen "privaten Comiteé" versammelten sie engagierte
Persönlichkeiten vornehmlich aus der Wirtschaft. Schließlich gelang
es, die Mehrheit der Aachener Stadtverordneten vom Projekt zu
überzeugen. Das Finanzierungskonzept der Hochschule, das wesentlich
auf Zusagen der "AM" und des "Aachener Vereins zur Beförderung
der Arbeitsamkeit", dem Vorgängerinstitut der Aachener Sparkasse, basierte, schlug Köln aus dem Rennen. |
|
|
Friedrich
C. H. von Kühlwetter |
|
|
Zwei
"Grundsteinlegungen" |
|
Am
15. Mai 1865 fand im Beisein des Königs, des Kronprinzen und aller
städtischen Honoratioren die feierliche Grundsteinlegung des heutigen
Hauptgebäudes am Templergraben statt. Es war ein gut gewähltes,
weil versöhnliches Datum, bejubelte man doch zugleich die 50-jährige
Zugehörigkeit des Rheinlands zur Krone Preußens. Eine Art informelle
Grundsteinlegung war derweil schon 10 Tage früher zelebriert worden.
Das "private Comiteé" um F. C. H. Kühlwetter und F. A. Brüggemann
feierte sich als eigentlichen Initiator des Projekts - ohne offizielle
Vertreter der Stadt. |
|
|
Festzug |
|
Zeitungsanzeigen Grundsteinlegung |
|
|
10.
Oktober 1870 |
|
Mit
32 Lehrern und 223 Studenten konnte die "Königliche Rheinisch-Westphälische
Polytechnische Schule" endlich am 10. Oktober 1870, mitten im
Deutsch-Französischen Krieg, den Lehrbetrieb eröffnen. Die lange
Bauzeit bis zur Eröffnung 1870 war unter anderem den Schwierigkeiten
bei der Beschaffung der Baumaterialien geschuldet: Das noch heute
imposant wirkende Gebäude entstand ja in einer nicht einmal 80000
Einwohner zählenden Stadt. Noch während der Planungs- und ersten
Bauphase hatte die polytechnische Schule als erste Einrichtung
ihrer Art in Preußen gegolten. Im Sommer 1866 verlor sie diesen
Rang an das Polytechnikum zu Hannover. Preußen annektierte in
diesem Jahr das gleichnamige Königreich. |
|
Hauptgebäude
und chemisches Laboratorium |
|
|