Unser Kalenderbild des Monats Juni stellt eine handschriftliche Übersicht der Diplomhauptprüfungen des Jahres 1881 da. Auf den ersten Blick schmückt elegante Schreibschrift das Dokument, auf den zweiten erschwert das die Lektüre. Solche Akten gehören zum Alltag des Archivwesens. Abwechslung im Archivalltag bieten die, von Person zu Person unterschiedlichen, Schreibstile, jedoch bringen diese auch Probleme bei der Transkription mit sich.
Im Juli fand die Prüfungen der Kandidaten statt. Die Tabelle unterteilt sich in Namen der zu „prüfenden Kandidaten“, diese hießen in diesem Fall Seehusen und Matthysen. Ersterer machte seine Prüfung in Bauingenieurswesen und der zweite in Maschinenbau. Die nächste Spalte widmet sich dem „Gegenstand der Diplomprüfung“, diese richteten sich nach dem fachspezifischen Programm und Fächerangebot des Studienjahres 1881. Im Bauingenieurwesen bedeutete dies Baumaterialienlehre, Wasserbau, Brückenbau, praktische und darstellende Geometrie, Eisenbahnbau und höhere Baukonstruktion. Maschinenbau setzte hingegen Wissen über Kinematik, Fabrik-Anlagen, Lokomotiven, Eisenschiffe und Dampfmaschinen voraus. Zuletzt kommen in der Tabelle die Namen der „prüfenden Lehrer“, die Zeit der Ausführung und Art der Prüfung. Diese Übersicht wurde von Professor Gizycki unterzeichnet.
Dieser weitgefasste Anforderungsrahmen verdeutlicht die für damalige Zeiten umfassende Ausbildung und Vorbereitung auf weitreichende Aufgabenstellungen des kommenden Berufslebens. Das Diplomstudium war in den 1880er-Jahren noch eine Seltenheit und versprach Anerkennung sowie einen hohen Stellenwert in der Gesellschaft. Gegenwärtig sind Diplome sogar der weitverbreitetste Bildungsgrad Deutschlands, ihre Erfolgsgeschichte wich jedoch zunehmend einer europaweiten Harmonisierung der Studiengänge. Der 1999 ins Leben gerufene Bologna-Prozess sollte bis 2010 Diplom- und Magister-Studiengänge an das Bachelor- und Master-System angleichen. Die einen schätzen die neu gewonnene Mobilität und Vergleichbarkeit für europäische Studierende, die anderen sehen individuelle akademische Freiheiten gefährdet. Was sind eure Gedanken zu diesem Wandel?
Ihr fragt euch, ob die zu prüfenden Kandidaten die Prüfung bestanden haben? Aus unseren Beständen geht hervor, dass Seehusen mit der Note „gut“ und Matthysen mit „sehr gut“ bestanden haben. Solltet ihr Verwandte haben, deren Abschluss ihr hier vermutet, dann schaut doch gerne mal in unseren Beständen nach oder kommt vorbei. Wir würden uns freuen! (Sig. 34 a)