Friedlich schaut es aus. Die weiße Kirche inmitten des Bildes unter dem großen hellblauen Himmel, den kein Wölkchen trübt. Warme Farben auf sanften Schwüngen, hinter schattenspendenden Bäumen ein paar einzelne Dächer, wie versteckte Rückzugsorte. Man spürt die warmen Sonnenstrahlen förmlich auf der Haut. Das Aquarell verwischt alle harten Konturen. Idyll ziert den Titel schon ganz richtig.
Ganz im Gegenteil zu dem Leben des Malers Otto Gruber. Am 16. Mai 1883 in Offenburg geboren, studierte er an der Technischen Hochschule Karlsruhe und der Technischen Hochschule München Architektur. Nach seiner Diplom-Hauptprüfung 1907 begann er bei Friedrich Ostendorf eine Beamtenlaufbahn als Regierungsbauführer und promovierte 1914. Doch schon brach der erste Weltkrieg an, an dem Gruber als Kriegsfreiwilliger und Offizier teilnahm. Mehrmals wurde er verwundet. 1919 habilitierte er sich und wurde 1920 zum Regierungsbaumeister (Assessor) ernannt. Nachdem er aus dem Staatsdienst ausgeschieden war und einige Zeit als Teilhaber des Architekturbüros Gruber & Gutmann wirkte, wurde er 1921 zum Privatdozenten ernannt und schließlich 1924 zum außerordentlichen Professor berufen. 1928 folgte er einem Ruf an die RWTH Aachen und übernahm dort als ordentlicher Professor den Lehrstuhl für Baukonstruktionslehre, Baugefügelehre und Baustofflehre. Während seiner Zeit an diesem Lehrstuhl, den er bis 1950 leitete, war er außerdem von 1934 bis 1937 Rektor der RWTH, also zu Hochzeiten des Nationalsozialismus.
Seine Rolle im nationalsozialistischen Staat scheint nicht so ganz klar zu sein. Einerseits sprach er sich in seiner Antrittsrede klar für Adolf Hitler aus und besetzte Leitungspositionen mit Nationalsozialisten und Parteimitgliedern. Andererseits jedoch, setzten sich viele seiner späteren Kollegen für ihn ein, als seine Konten gesperrt und er beurlaubt werden sollte und behaupteten, er hätte stets für das Wohl der Studenten gearbeitet und sei gegen seinen Willen in die NSDAP eingetreten. Außerdem bezeichneten sie ihn als unersetzbar und Studenten sowie Lehrende schätzten ihn, wegen seines guten Umgangs mit Menschen und seinen Fähigkeiten als Zeichner.
1950 emeritierte er, wegen eines Herzleidens und starb am 24. Januar 1957 hier in Aachen auch daran.
Wie seine Rolle in der NS-Zeit auch immer gewesen sein mag, mit der in diesem Aquarell dargestellten Idylle hatte Grubers Leben wenig zu tun. Schön, dass er trotzdem solch idyllische Bilder malen konnte.
(Quellen: Bild: 04 Gruber Aquarell aus: Sammlung Gruber; Information: https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Gruber; Akte aus dem Hochschularchiv RWTH (Sig.: 1910))