Pionierinnen der Wissenschaft - Frauen an den Universitäten
1.) Frauen und Wissenschaft: Geschichte einer Gleichstellung
1754
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Dorothea Erxleben wird auf Befehl des preußischen Königs als erste Frau Deutschlands, zur Promotion im Fach Medizin an der Universität Halle zugelassen. |
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1864 |
Die Universität Zürich lässt als erste deutschsprachige Universität ordentliche Studentinnen zu |
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1865 |
Gründung des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins. |
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1886 |
Erste Abiturprüfungen von Frauen in Berlin. |
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1888 |
Petition des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins beim preußischen Abgeordnetenhaus für Zulassung zum Medizinstudium und zur Lehrerausbildung. Der Frauenverein „Reform“ fordert den Zugang zu allen Fächern. |
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1891 |
Der Reichstag überlässt die Entscheidung über das Frauenstudium der Kompetenz der Länder. |
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1896 |
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Zulassung von Gasthörerinnen in Preußen. |
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1900 |
Das Großherzogtum Baden lässt als erstes deutsches Land Frauen als ordentlich Studierende an den Universitäten Freiburg und Heidelberg zu. |
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1901 |
Mathilde Wagner kann in Freiburg als erste ordentlich immatrikulierte Studentin zum Doktor der Medizin promovieren. |
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1908 |
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In Preußen, Hessen und Elsaß-Lothringen wird Frauen das Studium erlaubt. |
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1909 |
Mecklenburg erlaubt Frauen das Studium – in allen deutschen Ländern dürfen nun Frauen studieren. |
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1921 |
Frauen steht die Möglichkeit zur Habilitation offen. |
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1934 |
Per Gesetz „gegen die Überfüllung deutscher Schulen und Hochschulen“ wird die Zahl der Hochschulzugangsberechtigten reichsweit auf 15000 begrenzt, nur maximal 10% dieser Studienplätze dürfen von Frauen besetzt werden. Aufgrund des Akademikermangels wird die Begrenzung für Frauen ein Jahr später wieder abgeschafft. |
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1939 |
Während des Weltkrieges steigt der Frauenanteil an deutschen Universitäten auf über 50%. |
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1946 |
In der Nachkriegszeit sinkt der Frauenanteil auf 20–30%. |
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1967 |
Der Studentinnenanteil ist mit 24% im Vergleich mit anderen Ländern der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft in Deutschland am niedrigsten. |
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1970er |
Mit steigenden Studentenzahlen steigt auch der Frauenanteil wieder. |
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1985 |
Ergänzung des Hochschulrahmengesetzes: Bestellung von Frauenbeauftragten. |
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2006 |
Der Studentinnenanteil liegt bei 50%. |
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2.) Zitat gegen das Frauenstudium:
Th. W. Bischoff (1807 – 1882), Anatom und Physiologe, beeinflusst mit seinem Buch „“Das Studium und die Ausübung der Medicin durch Frauen“ ( 1872) lange Zeit die Diskussion über das Frauenstudium:
„Es fehlt dem weiblichen Geschlecht nach göttlicher und
natürlicher Anordnung die Befähigung zur Pflege und Ausübung der Wissenschaften
und vor allem der Naturwissenschaften und Medicin. ...
Die Überladung des ärztlichen Standes mit unbefähigten halb-gebildeten
weiblichen Handwerkern , wie sie allein von dem weiblichen Geschlecht zu
erzielen sind, hemmt und stört die Fortbildung der ärztlichen Wissenschaft und
Kunst auf das Schädlichste.
Diese Überladung mit weiblichen ärztlichen Handwerkern, unter gleichzeitig
unausbleiblicher Verdrängung männlicher Ärzte, gefährdet das sanitäre Wohl des
Staates im Frieden und im Krieg auf die bedenklichste Art“
(Zit. nach Hadumod Bussmann, Stieftöchter der Alma mater?, München 1993, S. 22)
3.) Organisierung und Solidarisierung der Frauen:
Satzung des Deutschen Frauenvereins Reform
für Eröffnung wissenschaftlicher Berufe
für die Frauenwelt
I. Zweck und Tätigkeit des Vereins.
1. Der am 30. März 1888 in Weimar gegründete Frauenverein Reform geht von der Überzeugung aus, daß einerseits die Steigerung der Erwerbsfähigkeit des weiblichen Geschlechts eine unaufschiebbare Pflicht unserer Zeit geworden ist,
und daß es andererseits der weite Umfang des Feldes der gewerblichen, kaufmännischen, künstlerischen und wissenschaftlichen Berufe, deren volle Aufschließung für die Frauenwelt anzustreben ist, als unmöglich erscheinen läßt, alle Teile dieses mächtigen Gebiets mit Nutzen durch einen Verein zu bearbeiten.
Der Frauenverein Reform beschränkt seinen Zweck ausschließlich darauf, für die Erschließung der auf wissenschaftlichen Studien beruhenden Berufe für das weibliche Geschlecht zu wirken: und zwar vertritt der Verein die Ansicht, daß die Frau gleich dem Manne zum Studium aller Wissenschaften Zutritt haben soll, nicht aber auf vereinzelte derselben (wie z. B. die Medizin oder Lehrfach) beschränkt werden darf!
2. Um dieses Ziel zu erreichen, will der Verein vorzüglich für folgende Punkte zu wirken suchen:
a) Errichtung von Mädchengymnasien mit dem gleichen Lehrplan, wie ihn die auf die Universität vorbereitenden Knabenschulen haben;
b) Erlangung des Rechtes für diese Gymnasien, über die an denselben abgelegten Prüfungen amtliche Zeugnisse auszustellen, welche wie die Maturitätszeugnisse der Knaben-Gymnasien und -Realanstalten zum Studium an den betreffenden Hochschulen berechtigen;
c) Zulassung des weiblichen Geschlechts zum Studium auf Universitäten und anderen wissenschaftlichen Hochschulen;
d) Erlangung der staatlichen Erlaubnis für Frauen, diejenigen auf wissenschaftlichen Studien beruhenden Berufe, deren Ausübung einer behördlichen Genehmigung bedarf, auch wirklich ausüben zu dürfen, soweit das praktisch durchführbar ist und sobald die betreffenden Examensnachweise geliefert sind.
3. Als geeignete Mittel zur Förderung seiner Zwecke erachtet der Verein:
a) Aufklärung der öffentlichen Meinung durch Wort und Schrift, durch Mitteilungen in der Tagespresse sowie durch Veröffentlichung von Flugblättern usw.;
b) Petitionen an Landtage und Behörden deutscher Staaten;
c) Ansammlung eines Fonds zur Förderung der Errichtung eines Mädchengymnasiums.
Der Verein als solcher vertritt keinerlei politischen oder kirchlichen Standpunkt.
II. Mitgliedschaft und Beitrag.
1. Nur erwachsene Personen weiblichen Geschlechts können Mitglieder werden; ... [...]
Wie aus den Satzungen des Vereins ersichtlich, vertritt derselbe die Ansicht, daß die Frau gleich dem Manne zum Studium aller Wissenschaften zuzulassen sei.
Dagegen bezeichnen die Satzungen des Vereins durchaus nicht alle wissenschaftlichen Berufe als solche, die heute in Deutschland dem weiblichen Geschlechte erschlossen werden müßten.
Vielmehr erstrebt der Verein die Zulassung zur Ausübung nur, soweit das heute auch praktisch durchführbar ist.
Als praktisch durchführbar aber erscheint naturgemäß zunächst das, was bereits tatsächlich in anderen Kulturländern durchgeführt worden ist. Dagegen wird der mit dem tatsächlichen Stande der Dinge Rechnende und nur das Erreichbare Anstrebende sicherlich nicht heute in Deutschland die Zulassung der Frauen zum Predigeramte, zur Laufbahn des Verwaltungsbeamten oder des Richters anstreben. [...]
Warum aber sollten wir nicht auch für Deutschland erstreben, der Frau jene wissenschaftlichen Berufe zu erschließen, die im Ausland z.T. schon seit Jahren dem weiblichen Geschlechte erschlossen sind, wie z. B. den Beruf des Arztes, des Zahnarztes, des Apothekers, des Chemikers, des Journalisten, des Hochschullehrers, des Rechtsanwalts?
Solche im Ausland bereits tatsächlich durch Frauen ergriffene Erwerbszweige sind es, um die sich's handelt.
[...]
4.) Forderungen:
„Wenn der „Deutsche Frauenverein Reform“ für eine Einschließung aller Studien für die Frauenwelt zu wirken sucht, so hat er dabei nicht die Absicht, auch die Aufschließung aller auf solchen Studien beruhenden Berufe anzustreben. ......So sind z.B. wohl zweifelsfrei die Berufe des Richters, des Verwaltungsbeamten, des evangelischen Pastors solche, welche heute auch der eifrigste Freund der Reformbestrebungen nicht ins Auge fassen wird. Vielmehr kann sich´s immer nur darum handeln, Erwerbszweige ins Auge zu fassen, für deren Ausführbarkeit durch Frauen in einem anderen europäischen Land bereits der praktische Beweis erbracht ist. Dahin rechnen wir die Berufe des Arztes, des Zahnarztes, des Apothekers, des Höheren Lehrfachs und die akademische Dozentenlaufbahn, den Beruf des Schriftstellers und Journalisten, sowie eventuell des Rechtsanwalts.“
(Aus: Petition des ,,Deutschen Frauenvereins Reform“ an den Reichstag vom 10.10.1888, zit. nach Hadumod Bussmann, Stieftöchter der Alma mater?, München 1993, S. 28)
5.) Gesetzesinitiative in Preußen:
6.) Die erste "Frau Doktor"...
Promotion Elsa Neumanns an der Humboldt-Universität Berlin 1899, Stich nach Zeichnung E. Thiel (http://de.wikipedia.org/wiki/Elsa_Neumann)
7.) Die Verteilung bei den Studienanfängern
8.) Zwei wichtige Pionierinnen: Lise Meitner...
1912
wird Lise Meitner Assistentin von Max Planck und arbeitet zusammen mit Otto Hahn
an der Erforschung der Radioaktivität. Seit 1933 arbeiten sie an der
Kernspaltung. Aufgrund ihrer jüdischen Wurzeln emigriert sie 1938 nach Schweden. 1939 entdeckt Otto Hahn das "Zerplatzen" von Uran in Barium
und Technetium - er hat die Kernspaltung entdeckt, kann sich dieses Phänomen
aber nicht erklären. Lise Meitner liefert die theoretische Erklärung zu dem
Phänomen der Kernspaltung.
1944 erhält jedoch nur Hahn den Nobelpreis in Chemie für die Entdeckung der Kernspaltung. Mit dieser Entdeckung wurde der Grundstein für die Entwicklung von Atomwaffen und Atomenergie gelegt.
9.) ...und Marie Curie
(Links: Marie Curie und ihr Mann Pierre Curie, rechts: Indische Briefmarke zu Ehren von Marie Curie)
Marie Curie als die "Mutter der Radioaktivität", da
sie das strahlende Element Radium entdeckte und den Begriff der Radioaktivität
prägte. Dafür bekam sie 1903 den Nobelpreis in Physik. 1911 erhielt sie einen
weiteren Nobelpreis - dieses Mal in der Chemie.
Sie trug mit ihrer Forschung entscheidend zur Anwendung radioaktiver Stoffe in
der Strahlentherapie bei.
Nach dem Tod ihres Mannes übernahm sie dessen Lehrstuhl. Am Anfang des 20.
Jahrhunderts stellte eine solche Rolle einer Frau in der Wissenschaft eine große
Ausnahme dar.
10.) Frauenanteile in den verschiedenen Stadien der akademischen Laufbahn
Frauenanteile in verschiedenen Stadien |
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Gegenstand der Nachweisung |
Frauenanteil in Prozent | ||
2002 | 2003 | 2004 | |
Studienanfänger | 50,6 | 48,2 | 48,8 |
Studierende 1 | 47,4 | 47,4 | 47,7 |
Absolventen | 47,0 | 48,4 | 49,2 |
Promotionen | 36,4 | 37,9 | 39,0 |
Habilitationen 2 | 21,6 | 22,0 | 22,7 |
Hochschulpersonal insgesamt 3 | 51,2 | 51,3 | 51,2 |
Hauptberufliches wissenschaftliches und künstlerisches Personal 3 |
27,7 | 28,6 | 29,2 |
Wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeiter 3 |
32,7 | 33,5 | 34,0 |
Professoren 3 | 11,9 | 12,8 | 13,6 |
C4 -Professoren 3 | 8,0 | 8,6 | 9,2 |
Bevölkerung insgesamt 4 | 51,1 | 51,1 | 51,1 |
1 Wintersemester. 2 Kalenderjahr. 3 01. Dezember. 4 31. Dezember des Vorjahres. Aktualisiert am 11. November 2005 |
Aus: Statistisches Bundesamt <www.destatis.de/basis/d/biwiku/hochtab8.php>
11.) Frauenanteile an den C4 und vergleichbaren Professuren im internationalen Vergleich 2004
Quelle: CEWS Statistikportal <www.cews.org/statistik/hochschulen.php?aid=51&cid=18>
12.) Studentisches Liedgut
Klagen einer Studentin
(Melodie: Es zog ein flotter Bursch zum Rhein.)
Wie wütend ich aufs Studium bin!
Mein rosenfarb'ner Teint ist hin,
Vom Lernen geh'n die Haare aus,
Die Stirn durchziehen Falten kraus,
Und kurzsichtig wird bald der Blick,
Vom vielen Sitzen wird man dick,
Sich gut zu kleiden hält sehr schwer;
Mein Gott, die Schönheit leidet sehr!
Und eh' so ein Examen naht,
Da ist man meist schon recht bejahrt!
Doch ist es glücklich dann vorbei,
Da hat verpaßt man mancherlei.
Da sitzt man mit der Bildung dann
Und kriegt im Leben keinen Mann.
Und drum, ihr Mädels jung und nett,
Werft Hume und Kant aufs Bücherbrett,
Werft Kolben und Retort beiseit',
Schnell, denn es drängt und eilt die Zeit!
Eh' euer Jugendreiz verweht
Und eh's zu spät, ja, eh's zu spät!
Quelle: Liederbuch für Studentinnen, Strassburg 1910, "Es zog ein flotter Bursch zum Rhein", S. 18 f. und "O junge Mädchenherrlichkeit", S. 38 f.
13.) "Patente sind Männersache"
Quelle: Pressespiegel der RWTH.