Verleihung der „Akademischen Würde eines Senators Ehren halber“ an Hans Schwerte

Der Fall des renommierten Germanisten und ehemaligen Rektors der RWTH Aachen, Prof. Dr. Hans Schwerte, bietet ein gutes Beispiel für jene Identitätswechsel, die den Beginn einer zweiten Karriere in der Bundesrepublik Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg unter Verwendung eines falschen Namens ermöglichen sollten.

Zuvor war er mit seiner wahren Identität, Hans Ernst Schneider, unter anderem als Hauptsturmführer der SS und an leitender Stelle in der „Forschungs- und Lehrgemeinschaft Ahnenerbe“ tätig. Als „Abteilungsleiter im persönlichen Stab des Reichsführers SS“ gehörte er zu den ersten 5000 Köpfen des SS-Systems.

Doch markiert das Ende des Zweiten Weltkrieges eine Zäsur, nach der sich das Leben Schwertes in eine davon divergierende Richtung entwickeln sollte. Er beschritt eine akademische Laufbahn, die von großem Erfolg und vielen Auszeichnungen veredelt werden sollte. Ludwig Jäger resümiert zu Schneider/Schwerte in dem Prolog seiner Monographie „Seitenwechsel“: „[Z]wei Karrieren, deren Verlaufskurven einen dynamischen, intelligenten und erfolgsorientierten Mann zeigen, den auch der Zwang nicht in Verlegenheit versetzte, auf der politischen, moralischen und ideologischen Kehrseite seines ersten Lebens von neuem zu beginnen.“ (Jäger, Ludwig: Seitenwechsel. Der Fall Schneider/Schwerte und die Diskretion der Germanistik. München: 1998, S. 17.)

Unter den Materialien einer Abgabe des Rektorats an das Hochschularchiv der RWTH Aachen befand sich eines der Dokumente, welche den erfolgreichen Karriereverlauf von Prof. Dr. Schwerte belegen und greifbar machen: die Verleihung der Ehrensenatorwürde 1990 (siehe Abbildung). Seinen besonderen Wert erlangt es, wenn man es in Kenntnis des Hintergrundes betrachtet.

Nachdem niederländische Journalisten 1995 die NS-Vergangenheit Schwertes aufgedeckt haben und dieser sich bei der Universität selbst anzeigte, wurden ihm, abgesehen von seinem Doktortitel, seine Würden und Titel wieder aberkannt. (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (Hrsg.): Ungeahntes Erbe. Der Fall Schneider/Schwerte: Persilschein für eine Lebenslüge. Aschaffenburg 1998, S. 13-21.)

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